Das Gedicht "Blankenese" von Hans Leip

Hans Leip wurde in Hohenfelde geboren. Die Eltern zogen dann in die Lange Reihe, wo er vier Jahre seiner Kindheit verbrachte. Später wohnte er in seinem Haus in Blankenese, Süllbergterrassen 37. Mit seinem wunderschönen Gedicht hat er dem schönsten Vorort der Welt ein Denkmal gesetzt.

Blankenese

Ein Kleingebirg aus bunten Muscheln,
Darüber dick die Wolken kuscheln.
Darunter Flaggen hin und her,
des Stromes Überseeverkehr.

Hoch auf der schlanken Promenade
Haus über Haus das Grüngestade.
Ein kleines Nest, ein großes Bild.
Die Architekten lächeln mild.

Ein Dorf, das wie ein Eden liegt
und sanft nach Grog und Flundern riecht.
Von angenehmen Parks verschönt,
von einer Gastwirtsburg gekrönt.

Die stille Zuflucht – im Vertrauen –
zeitmüder Schlemmer, schöner Frauen.
Der Liebesstrand, das Sonntagsbad,
das Tanzlokal der großen Stadt.

Treppauf, treppab die Winkelgänge,
Schlafpuppengärten, Netzgehänge,
Boot, Abendbank und Fliesenkram,
versponnen, blond und tugendsam.

Solide Wäsche bauscht im Wind,
mit fremden Münzen spielt ein Kind,
ein Junge träumt von großer Fahrt,
ein Alter spinnt in seinen Bart.

Hoch über Baum und Schornsteindach
kommt man zu Atem allgemach.
Es brist herauf so meergeschwellt,
tief unten blitzt die weite Welt.

 

Grafik (oben) und Gedicht: Hans Leip